Verantwortung

Es gab gerade Halbjahres-Zeugnisse. Bewertung von jungen Menschen durch Ziffern. Bei manchen war das Ergebnis anders als gehofft. Vielleicht spiegeln diese Ziffern auch empfundene Ungerechtigkeit wieder.
Vielfach gibt es in den Familien Belohnung oder Strafe für diese Ziffern. Geld für gute Noten, kein Geld für nicht so gute. Nur: Wer legt fest, was „gut“ und „nicht so gut“ ist?
Diese Ziffern auf dem Zeugnis hängen von so vielen Faktoren ab. Von Sympathie des Lehrers/der Lehrerin, der Begeisterungsfähigkeit der Lehrer*innen, Durchschnitt in der Klasse, persönlichem Talent, Lernfähigkeit, Merkfähigkeit, etc. Für den einen ist eine mittlere Note eine gute Note. Dem anderen fliegt das nur so zu.
Bei uns in der Familie mit drei Jugendlichen gibt es kein Geld für Noten. Die Bereitschaft sich anzustrengen wird gesehen und gewürdigt. Ich kann verstehen, dass viele Eltern versuchen wollen, mit dem Belohnungssystem die Noten bzw. die Anstrengungsbereitschaft dafür anzustacheln.
Die Angst vor der Zukunft. „Was soll nur aus dem Jugendlichen/der Jugendlichen werden?“ Es wird noch mehr Druck ausgeübt, vermeintliche Konsequenzen angedroht, die meist nur nett verpackte Strafen sind.
Die einzige Konsequenz, die aus schlechten Zensuren droht ist die, dass die Klasse nicht geschafft wird und entweder wiederholt werden muss, oder abgegangen werden muss. Hausarrest, Fernseh– und Handyverbot, etc. sind keine Konsequenzen. Das sind Strafen. Nützen tun diese Strafen nichts. Sie schaden der Beziehung zwischen Erwachsenen und Kindern. Wir Erwachsenen müssen lernen, die Verantwortung für den Lernerfolg den Jugendlichen selbst zu übertragen. Sie haben es sowieso in der Hand. Wissen können wir nicht durch Druck in sie hineinpressen. Wir Erwachsenen können nicht das „Projekt Schule und Ausbildung/Studium“ für den/die Jugendliche/n übernehmen. Vielleicht wenden wir das Blatt, wenn wir den / die Jugendliche/n fragen, was er/sie von uns braucht, damit das Lernen gelingen kann. Das wird erst einmal Erstaunen hervor rufen, Denkprozesse anstoßen und vielleicht nach einiger Zeit auch Antwort eine generieren. Aber: wir müssen abwarten. Nicht weiter reden, schimpfen, lamentieren…
Er oder sie wird irgendetwas haben, wofür oder für wen er/sie „brennt“. Manche brennen für die Musik, andere für das Klima, gehen auf die Straße, malen Plakate, reden mit Politikern, wieder andere engagieren sich in der Kinder- und Jugendarbeit, sind „Leuchtturm“ für andere bei den Pfadfinderinnen und Pfadfindern, noch andere spielen Theater und gehen dort ganz in den unterschiedlichsten Rollen auf. Unsere Jugend ist ganz und gar nicht desinteressiert und faul und hängt immer am Handy. WIR müssen den Blickwinkel ändern. Nicht die Jugendlichen sich. Vielleicht sind sie so engagiert und in jungen Jahren schon so „erwachsen“, dass ihnen das „Wissen in den Kopf pauken und tun was gesagt wird“ deshalb nicht gelingt. Sie wünschen sich wie wir Erwachsenen auch, Kontakt und Beziehung auf Augenhöhe.
Lasst uns Wegbegleiter und Hilfesteller auf dem Weg ins Erwachsenenleben sein. Lasst uns die Verantwortung den Jugendlichen zurück geben. Sie können sie tragen, wenn unser Vertrauen in sie sie trägt. Wir lieben sie ihrer selbst Willen und nicht wegen ihrer Leistungen.